Ein Jahr voller Literatur, die verführen will

Die Literaturszene in der Kulturregion MainzWiesbaden

„Zeit-Räume. Zeit-Träume“
„Zeit-Räume. Zeit-Träume“

Von Dr. Andreas Lukas

 

„Zeit-Räume. Zeit-Träume“

 

So lautete das Motto des Literaturfestivals „Ins Offene“ des Fördervereins Wiesbadener Literaturhaus Villa Clementine e.V. im August im Burggarten Sonnenberg. Unterstützt von Kooperationspartnern wie dem Presseclub, dem frauen museum wiesbaden, exground filmfest, Verlagshaus Römerweg sowie den Stadtbibliotheken, Wiesbadener Buchhändler*innen, Litprom e. V. und dem Partnerschaftsverein Wiesbaden-San Sebastián konnten Literaturfans bei freiem Eintritt auf Entdeckungsreise gehen. „Ins Offene“ bedeutet „aufzubrechen in das unbeschränkte und schier unendliche Reich der Literatur“, so die Vorsitzende des Fördervereins Rita Thies zur breit gefächerten Auswahl. „Im besten Fall hilft sie uns, uns selbst, andere und die Gegenwart besser zu verstehen.“

 

Dass Literatur gerade jetzt in der Zeit eines Krieges in Europa, sich zu Wort melden muss, schwebte über dem Festival in Sonnenberg. Eingeladen waren die ukrainische Autorin Svetlana Lavochkina, Roman „Die rote Herzogin“ und die geflüchtete Schriftstellerin Natalka Sniadanko mit „Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde“. Im Programm wurde auch aus dem Roman des Präsidenten des ukrainischen PEN, Andrej Kurkow „Graue Bienen“ über einen Bienenzüchter im Donbass gelesen.

 

 

Dirk von Lowtzow
Dirk von Lowtzow

Literaturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden

 

Der diesjährige Preis geht an den Sänger, Komponist und Autor Dirk von Lowtzow. Bekannt als Frontmann der Hamburger Rockband „Tocotronic“ legte von Lowtzow 2019 mit „Aus dem Dachsbau“ sein literarisches Debüt mit autobiographischen Texten vor. Mit dem Preis zeichnet die Landeshauptstadt Wiesbaden einen Künstler aus, dessen Werk ganz wesentlich von literarischen Bezügen inspiriert ist. „Aus dem Dachsbau“ sei wiederum selbst wie ein Konzeptalbum gearbeitet, wobei er „die Prägnanz und Originalität seiner Songtexte hier in Prosa transponiert, ohne aber die charakteristische Wortspielerei der Lieder zu imitieren. Im Strom autobiographischer und autofiktionaler Erzähler entwickelt er so eine eigene erzählerische und stilbildende Kraft“, so die Jury. Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 16. November 2022, um 19.30 Uhr im Kulturforum Wiesbaden statt.

 

 

Das gesamte Team rund um die „Vorlesestadt Wiesbaden“ bei der offiziellen Verleihung der Vorlese-Plakette in der Mauritius-Mediathek Wiesbaden © Kai Pelka
Das gesamte Team rund um die „Vorlesestadt Wiesbaden“ bei der offiziellen Verleihung der Vorlese-Plakette in der Mauritius-Mediathek Wiesbaden © Kai Pelka

Vorlesetag am 18. November 2022

 

„Gemeinsam werden wir wieder eine komplette Aktionswoche (14. – 18.11.2022) mit zahlreichen Leseangeboten in Wiesbaden auf die Beine stellen“, so die Projektleiterin Anna-Marita Leibbrand vom Freiwilligen-Zentrum Wiesbaden. Sie kann mit Stolz auf den diesjährigen Vorlesetag blicken. Hat die „Vorlesestadt“ Wiesbaden als einzige bundesweit das Triple der Auszeichnungen von der Stiftung Lesen erhalten: 2014 Außergewöhnliche Vorlesestadt, 2020 Aktive Vorlesestadt und 2021 Nachhaltige Vorlesestadt. „Gemeinsam einzigartig“ lautet deshalb auch das Motto für den diesjährigen Vorlesetag. „Gemeinsam mit allen Vorlesenden“, schwärmt die Projektleiterin, „wollen wir die Vielfalt unserer Gesellschaft als alltägliche Bereicherung und verbindendes Element feiern. Hierbei lässt das Motto viel Freiraum für die eigene Gestaltung – sei es mit mehrsprachigen Geschichten, Erzählungen über ungewöhnliche Charaktere oder außergewöhnliche Vorlesesituationen.“

 

Auf der Seite www.vorlesetag.de heißt es: „Mitmachen ist ganz einfach: Jeder, der Spaß am Vorlesen hat, schnappt sich eine Geschichte und liest anderen etwas vor.“ So finden auch in Mainz viele Aktionen in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Buchhandlungen oder digital statt. Auch ungewöhnliche Vorleseorte sind in Mainz beliebt: Vom Tierpark über Museen und Planetarien bis hin zu Lesungen in der Fußgängerzone. Der Vorlesetag trägt auf diese Weise auch zur Förderung der Chancengleichheit bei.

 

 

Mainzer Büchermesse

 

Im November bietet die Mainzer Büchermesse der literarischen Szene eine besondere Plattform. Das lokale Verlagswesen, die Buchwissenschaft, die Buchkunst, die Leseförderung und die Medien zeigen eindrücklich, dass die Verbindung von Mainz und Buch auch im 21. Jahrhundert eine einzigartige Vielfalt bietet. Tradition und Moderne von Buch und Literatur werden immer wieder neu vereint. Die Mainzer Büchermesse, die seit 1999 stattfindet, steht ganz im Zeichen der lokalen Stärken. Vom 4. – 6. November ist sie eine Plattform für alle Aspekte rund um das Thema Buch: Buch- und Zeitschriftenverlage, Buchhandlungen, Bibliotheken, Museen, Stiftungen, Vereine, Künstlerinnen und Künstler, Medien und wissenschaftliche Einrichtungen aus Mainz und Umgebung stellen sich, ihre Tätigkeiten und Produkte vor und laden zum regen Austausch ein. Das Kulturamt der Landeshauptstadt Mainz organisiert die Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Mainzer Verlage.

 

 

Dörte Hansen ©Sven Jaax
Dörte Hansen ©Sven Jaax

Mainzer Stadtschreiber-Literaturpreis

 

Ein besonderer Höhepunkt im Kulturleben der Landeshauptstadt Mainz ist die jährliche Vergabe des „Mainzer Stadtschreiber-Literaturpreis“. Hauptzweck der Auszeichnung ist es, Schriftsteller*innen zu ehren, die die deutschsprachige Literatur mit ihren Werken beeinflussen oder prägen und die sich darüber hinaus um das Zusammenwirken von Literatur und Fernsehen bemühen. Neben einer Dotierung von 12.500 Euro erhalten die Preisträger*innen für ein Jahr das Wohnrecht in der Stadtschreiberwohnung im Gutenberg-Museum.

 

Die Mainzer Stadtschreiberin für 2022, die 37. Trägerin des von ZDF, 3sat und der Stadt Mainz vergebenen Literaturpreises, ist die in Husum, Nordfriesland, geborene Schriftstellerin Dörte Hansen.

 

„Es ist schwer, sich Dörte Hansens erzählerischem Sog zu entziehen. Sie nimmt ihre Leserinnen und Leser ganz spielerisch gefangen und lo- tet dabei aus, was Sprache und Dialekt für unsere Identität bedeuten,“ so Anne Reidt, Leiterin der Hauptredaktion Kultur im ZDF. Kulturdezernentin und Mitglied der Jury, Marianne Grosse: „Dörte Hansen gehört seit langem zu den großen deutschsprachigen Autorinnen und begeistert ein Millionenpublikum. Sie thematisiert in ihren Romanen die Suche nach dem eigenen Platz in sich beständig wandelnden Lebensräumen und stellt damit auch die großen Fragen des Lebens. Die Landschaften des Nordens spielen dabei die eigentliche Hauptrolle und sind prägend für das Geschehen und die Menschen.“ Dörte Hansens ausgezeichneter Roman „Zur See“ erscheint am 28.09.2022. 2019 erhielt sie den Rheingau Literaturpreis für den Roman „Mittagsstunde“. Die Vergabe Stadtschreiber Literatur-Preis ist für März 2023 geplant.

 

Rheinhessen liest

Die literarische Reihe des Herbstes zeichnet sich dadurch aus, dass Au- tor:innen aus Mainz und Rheinhessen in Weingütern Lesungen veranstalten. Newcomer und bekannte Autor:innen präsentieren sich und ihre Werke und nehmen bei einem Glas Wein die Zuhörerschaft mit auf eine literarische Reise. Die Stadt Mainz ist mit mehreren Veranstaltungen ver- treten, so liest Sarah Beicht aus ihrem Roman „Ein Kreis aus Salz“, am 10. 11. 2022 um 19 Uhr, VHS-Mainz.