Neue Einsichten durch Beobachten

 

Leif Randt, 23. Poetikdozent Hochschule RheinMain

 

Von Dr. Andreas Lukas

 

 

Die Poetikdozentur gilt als besonderer Beitrag im kulturellen Leben Wiesbadens. Sie wird von der Hochschule RheinMain gemeinsam mit dem Kulturamt Wiesbaden durchgeführt.

Leif Randt ist im Jahr 2022/23 der 23. Poetikdozent an der Hochschule RheinMain. In seinen Poetikvorlesungen geht es um anheimelnde Sätze, Glamour und Behaglichkeit sowie um Idiotie und Melancholie.

 

 

Nach Saša Stanišić, u.a. Träger des Deutschen Buchpreises, und der Autorin und Regisseurin Nino Haratischwili, die in den Jahren zuvor die Poetikdozentur innehatten, will Leif Randt sich als Poetikdozent 2022/23 auf ungewöhnliche Weise um brandneue Einsichten bemühen und Fragen beantworten. Seine Romane geben schon eine Idee davon, sind sie doch geprägt von einer präzise beobachtenden, ebenso intelligent wie konsequent konstruierten und dabei leichtfüßigen Schreibweise.

 

 

Rückkehr mit euphorischen Gefühlen

 

„Es gab eine Zeit, da war Wiesbaden ein Sehnsuchtsort“, so Leif Randt. Nirgendwo sonst hatte er so stark euphorische Gefühle. Als er zwischen 14 und 16 Jahre alt war, fuhr er an einigen Samstagen mit seiner Mutter von Maintal aus nach Wiesbaden, um sich im Keller des Gerich-Kaufhauses in der Skate-Shop-Abteilung Kapuzensweatshirts und Baggy Jeans kaufen zu lassen. „Und meine Mutter kaufte mir diese Produkte gern, da sie spürte, wie glücklich sie mich machten.“

 

Mit diesen Erinnerungen im Gedächtnis freute sich der gebürtige Frankfurter auf die Rückkehr nach Wiesbaden. Er studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. 2009 erschien Randts Debütroman „Leuchtspielhaus“. Mit seinem jüngsten Roman „Allegro Pastell“ war er 2020 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Allegro Pastell ist Randts erstes Buch, das fast ausschließlich real existierende Orte verwendet, insbesondere Clubs, Restaurants und Bars. Er erzählt vom Glück. Allegro Pastell ist die Geschichte einer fast normalen Liebe, beginnend im Rekordfrühling 2018. Der Roman ist ein Bewusstseinsstrom aus Oberfläche und Distanz, so ein Zeitungskommentar von Sebastian Fischer. 

 

2021 erhielt Leif Randt den Mörike-Preis der Stadt Fellbach. In der Begründung der Jury heißt es: „Leif Randt ist einer der faszinierendsten Schriftsteller der deutschsprachigen Literatur, weil seine Romane eine Gegenwart beschreiben, die uns auf unheimliche Art vertraut vorkommt, für die wir aber ohne Leif Randts Erzählstil, seinen Tonfall, seinen Blick, blind geblieben wären. Er lässt uns das sehen, wofür wir bisher noch keine Begriffe hatten. Genau das soll Literatur, weil nur Literatur das kann.“

 

Euphorie und schlechtes Gewissen

 

Der Schriftsteller sagt über sich selbst, dass er stärker vom Kino als von der Literatur beeinflusst wurde. Aber auch der frühe Peter Handke und der französische Schriftsteller Michel Houellebecq haben ihn literarisch inspiriert. Während seiner Dozentur an der Hochschule RheinMain will Randt sich um neue Einsichten bemühen und geht der Frage nach, wohin sich die Euphorie und das schlechte Gewissen entwickelt haben. „Ich möchte mit Fotos und Schlagwörtern arbeiten. Von Heimeligkeit bis Glamour, von Affektion bis Rückzug, von 1998 bis 2023. Sehr wahrscheinlich werde ich sämtliche Fragen, die dabei aufkommen, offenherzig und mitunter etwas zu ausführlich beantworten. Sodass am Ende alle, die in Wiesbaden live dabei gewesen sind, Details über Leif Randt und seine Arbeit wissen werden, die ich selbst zuvor noch gar nicht über mich und meine Arbeit wissen konnte.“