© Kunst- und Kulturinitiative Part
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Seit 2022 hat Mainz ein neues Highlight in Sachen zeitgenössischer Kunst. Immer am letzten Donnerstag im Monat gibt es eine Tour zu angesagten, unbekannten, privaten oder neuen Kunstorten in Mainz. Von Marianne Hoffmann

Am 30. März startet PART nach der Winterpause ins neue Jahr. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen für den nächsten Kunstrundgang in Mainz. PART – das bedeutet: Besuch von Kunstgalerien, Pop-up-Kunsträumen oder Privatwohnungen, in denen sich die Mainzer Kunstszene zeigt. Im Juni 2022 brachte Antonio Quint Vila die Idee zu diesem Projekt aus dem Ausland mit und verwirklichte sie in Mainz zusammen mit Sophia Sarbinowski und Malin Liv Günther. Die Studierenden wollten die Mainzer Kunst- und Kulturszene sichtbarer und zugänglicher gestalten.

Im November 2022 gab es bereits zwölf Standorte mit Werken von 29 Künstler*innen. Im Juni war darunter sogar das private Wohnzimmer eines Kunststudenten in der Neustadt. Ebenfalls mit dabei: das Haus zum Stein in der Altstadt, das älteste Mietshaus von Mainz, ein Ende des 12. Jahrhunderts gebauter steinerner Wohnturm. Im Erdgeschoss befindet sich eine ungewöhnliche Galerie. Sie besteht nur aus einem Schaukasten, der direkt hinter dem gusseisernen Eingangstor steht. Dieses ungewöhnliche Ausstellungskonzept hat schon zahlreiche Künstler*innen angeregt, Kunst neu zu denken. Von Anbeginn mit dabei ist die Emde Gallery in der Mainzer Neustadt. Annette Emde ist promovierte Kunsthistorikerin, deren Ausstellungskonzept sich dem Nachwuchs der Mainzer Kunsthochschule bis hin zu Künstler*innen aus ganz Deutschland annimmt. Auch jetzt am 30. März wird sie wieder dabei sein, diesmal werden Arbeiten von drei Kunststudentinnen der Mainzer Kunsthochschule unter dem Titel „Pinky Promise“ gezeigt. In den Malereien und Druckgrafiken, Cyanotypien auf Papier und Leinwand sowie Skulpturen aus Keramik setzen sich die Künstlerinnen auf je unterschiedliche Weise mit malerischen Fragestellungen bzw. mit Fragen bezüglich der Schnittstellen zu anderen Medien auseinander.
Auf der Mainzer Ludwigsstraße, kurz Lu genannt, befindet sich das Gutleut: Am Nachmittag Café und abends Bar. Im ersten Stock des Hauses wurden seit Eröffnung zahlreiche Ausstellungen gezeigt. Auch beim November-Rundgang besuchten die PART-Teilnehmer*innen die Gutleut Bar, in der Werke von Anna Vezirgenidi ausgestellt wurden. Leider wird das Gutleut im April geschlossen, wir hoffen auf eine Neueröffnung an anderer Stelle.
Lange im Verborgenen wurde das KWR 40, gelegen in einem Innenhof in der Neustadt, erst wieder durch die PART-Initiative ins Bewusstsein der Kunstinteressierten gerückt. KWR 40 steht ganz einfach für die Adresse Kaiser-Wilhelm-Ring 40. Die großzügigen, lichtdurchfluteten Räume sind bestens für Ausstellungen geeignet und werden von Philipp Neßler und Julia Seifried für PART extra bespielt.

Um den Galerierundgang möglich zu machen, arbeiten mittlerweile vierzehn junge Kunstinteressierte bei PART zusammen. Immer wieder nehmen neue Ausstellungsräume teil, wie die Ateliergemeinschaft von Christiane Schauder, Sandra Heinz und Nikolaus Werner in der Schießgartenstraße. Das Konzept von PART stößt auf große Resonanz – und auch der Abschluss eines jeden Kunstrundgangs kann sich sehen lassen: Es gibt immer ein Get-together ab 22 Uhr in monatlich wechselnden Lokalitäten. Bei geistigen Getränken kann man das Gesehene Revue passieren lassen und sich mit Gleichgesinnten austauschen.

Dass Mainz so viele Kunstorte hat, überrascht auch manchen Kunstinteressierten positiv. So wird in einem Ladengeschäft Kunst verkauft und Kunsthandwerk angeboten; erst wenn man hinter die Fassade blickt, entdeckt man ein Atelier, in dem der Künstler Karol Rousin arbeitet, aber auch Malkurse gibt. Eine der innovativsten Ideen kommt von Thilo Weckmüller, einem Künstler, der in Zeiten der Pandemie darüber nachdachte, wie man Kunst sichtbar machen kann, wenn man sich nicht in Gruppen in geschlossenen Räumen aufhalten darf. Das Allianzhaus in Mainz, ein viel besprochener, leerstehender Bau in unmittelbarer Nachbarschaft zum Mainzer Landesmuseum, bietet im Erdgeschoss zahlreiche große Schaufenster. Warum also nicht eine Schaufenstergalerie eröffnen? Gesagt, getan – das Konzept kommt so gut an, dass es so lange weiterlaufen wird, bis man weiß, was mit dem Gebäude passieren wird. Mittlerweile hat Thilo Weckmüller ein paar Straßen weiter die Räume eines in Mainz sehr bekannten, ehemaligen Haushaltswarengeschäfts übernommen und darin eine Galerie eröffnet. Hier bekommen junge Künstler*innen die Chance, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die renommierte Mainzer Kunst Galerie, geleitet von Dr. Susanne Vahl und Prof. Dr. Christian Vahl, zeigt gesetzte Positionen, die über Deutschlands Grenzen hinweg bekannt sind. Beim Termin am 30. März findet das Treffen zum Abschluss des Rundgangs in der Kultbar schon schön statt, die ebenfalls im Allianzhaus beheimatet ist.


Die PART könnte auch andere Kunstschaffende bereits inspiriert haben: So öffnen auf dem Layenhof, einem Ortsteil von Mainz-Finthen, am 18. und 19. März über die Hälfte der dort ansässigen Ateliers ihre Türen zum ersten „Layenhof Open“. Die Belebung der Kunstszene, Menschen miteinander zu verbinden und durch den Austausch dazu beizutragen, den Weg für neue Projekte zu ebnen – das sind unter anderem die Ziele von PART. Und das Konzept scheint aufzugehen.